Avraham Oz, Mitte Mai kam es in Israel und dem Gazastreifen zu einer erneuten Eskalation der Gewalt. Die Raketenangriffe der Hamas sind in den Nachrichten als eine „neue Runde“ bezeichnet worden. Wie sehen Sie das?
Unglücklicherweise war diese sogenannte neue Runde keine Überraschung. Die Hauptursache dafür ist im Großen und Ganzen die Besetzung der palästinensischen Gebiete seit 1967. Insofern lässt sich in Bezug auf Israel zwar von einer Demokratie sprechen, doch existiert diese hauptsächlich innerhalb der international anerkannten Staatsgrenzen Israels und für die meisten seiner Bürgerinnen und Bürger. Die Palästinenser aber, insbesondere die Millionen, die seit 1967 sowohl im Westjordanland als auch im Gazastreifen leben, erfahren kaum echte Demokratie. Solange die Besetzung nicht beendet ist, wird es keine Möglichkeit geben für ein vollumfängliches Zusammenleben.
Am 10. Mai fand der sogenannte Flaggentanz statt, mit dem in Israel der Wiedervereinigung Jerusalems nach dem Sechstagekrieg von 1967 gedacht wird. Es gibt Stimmen, die diese Prozession als einen der Auslöser für die aktuelle Eskalation ansehen. Würden Sie dem zustimmen?
Ja. Am 10. Mai feierten die israelische Regierung und die israelischen Institutionen den jährlichen sogenannten Jerusalem-Tag. Es ist ein bewusst installierter Festtag, der von den meisten israelischen Bürgerinnen und Bürgern gar nicht als wichtig aufgefasst...