Magazin
kirschs kontexte
Schwarz auf weiß in Goethes Tagebuch. Zu einigen neuen Erkenntnissen der Goethe-Forschung
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Theater der Zeit: Blackfacing (10/2014)
Man sollte denken, dass nach bald 200 Jahren Goethe-Wissenschaft der Autor von „Faust“ und „Wilhelm Meister“ hoffnungslos überforscht und „ausinterpretiert“ ist – aber weit gefehlt: Die Exegese fördert immer neue, immer interessantere Details aus Werk und (Nach-)Leben des Weimarer „Olympiers“ zutage. Dabei sind es mittlerweile natürlich meistens die unscheinbaren Details der Tag für Tag dokumentierten Lebenschronik, aus denen sich die aufregendsten Neuerkenntnisse generieren. So überraschten vor einiger Zeit Germanisten, die versuchen, das „Innere des Kopfes des jungen Goethe Stück für Stück zu rekonstruieren“, mit der Nachricht, dass der Dichter schon mit 17 Jahren versucht haben muss, Shakespeares „Hamlet“ zu übertragen: Ein dänisches Stammbuch mit einem Eintrag Goethes war aufgetaucht, das nicht nur belegte, dass Goethe seinen ersten Skandinavier bereits 1766 getroffen hat (und nicht erst 1768, wie man bis dato angenommen hatte), sondern dessen Eintrag – die Zeile „Gedenke dessen, immerdar!“ – auch vermuten lässt, dass Goethe zu dieser Zeit intensiv an „Hamlet“ arbeitete. Gibt es doch nur eine einzige Stelle in der Weltliteratur, in der sich die Aufforderung zum Gedenken mit Dänemark verknüpft: Polonius’ Unterweisung des Laertes, 1. Akt, 3. Auftritt.
Noch spektakulärer könnten sich freilich die Details zur Werk- und Rezeptionsgeschichte von Goethes „Zebraphilie“ erweisen, die Bruno Bruns,...