6. Politische Subjektivität als Kollektivität
von Matthias Warstat
Erschienen in: Recherchen 174: Interventionen politischen Theaters (07/2025)
Interventionen werden als Handlungen, als Setzungen oder als Akte konzipiert. Wenn von Interventionen die Rede ist, ganz gleich ob im Theater, in den Künsten oder in anderen Bereichen, stellen wir uns intervenierende Akte vor – und daraus ergibt sich fast zwangsläufig die Frage nach dem Subjekt der Intervention bzw. dem intervenierenden Subjekt. Jemand muss sich, so der naheliegende Gedanke, dazu aufraffen, ein Problem anzugehen oder in eine Situation einzugreifen. Der Eingriff, wo auch immer er stattfindet, muss von einem Subjekt ausgehen, das verantwortlich zeichnet und neben der Durchführung auch die Folgen einer Intervention (anteilig) zu tragen hat. Von daher berührt der Diskurs zu künstlerischen Interventionen elementare philosophische Debatten zu politischer Subjektivierung. Auf den ersten Blick scheint es, dass Interventionen von einem stabil konstituierten und handlungsfähigen Subjekt ausgehen müssen, das die Entscheidung zum Eingreifen treffen und dann auch selbst umsetzen kann. Bedenkt man aber die große Vielfalt künstlerischer Interventionen mit ihrem teils entschiedenen und rigiden, teils aber auch zögerlichen und ungerichteten Zuschnitt, dann drängt sich der Gedanke auf, dass mit ähnlich vielfältigen, mal konturierten, mal aber auch diffusen und gespaltenen Varianten von Subjektivität zu rechnen ist.
Politische Subjektivierung muss im Feld von Theater und Performance vornehmlich als kollektiver Prozess gedacht werden,...