Magazin
Die Großmischpoke
Wie die kleine International Theatre Platform in Bukarest dem Riesenfestival in Sibiu den Rang abläuft
von Renate Klett
Erschienen in: Theater der Zeit: Bruder Karamasow – Frank Castorf über Russland (02/2016)
Es ist ein kleines, aber feines Festival: Bucharest International Theatre Platform #2 heißt es und präsentiert Aufführungen zum Thema „Contemporary Families“. Nach dem Erfolg der ersten Ausgabe mit dem Titel „The Future is Female“ entschloss sich die Gründerin Cristina Modreanu weiterzumachen, mit wenig Geld, viel Enthusiasmus und der Dringlichkeit, eine gesellschaftliche Debatte anzustoßen. Patchworkfamilien sind noch ein recht junges Phänomen in Rumänien, aber es gibt sie, im guten wie im schlechten Sinn – nur wird nicht darüber geredet.
Die weitverbreitetste und schlechteste Form ist die Unzahl von Großeltern-Enkel-Familien: Die Eltern arbeiten im Westen, meist zu Niedrigstlöhnen, und werden zu Hause als „Strawberries“ bezeichnet (weil die meisten Erdbeeren pflücken). Die Probleme liegen auf der Hand: Eltern mit schlechtem Gewissen, das sie mit teuren Geschenken kompensieren, überforderte alte und unglückliche junge Familienmitglieder – ein Teufelskreis ohne Ausweg, wenn es zu Hause keine Arbeit gibt. Ein Bukarester Sozialprojekt hat mit Jugendlichen und Schauspielern das Stück „Offline-Family“ erarbeitet, das die Zusammenhänge verdeutlicht und versucht, ein bisschen Optimismus zu verbreiten, indem es die Kinder stark macht.
Eine ganz andere Art zeitgenössischer Familien zeigt das hinreißende Solo „Hi, Hitler“ von und mit Lucie Pohl (USA). In ihrem einstündigen Monolog erzählt die Tochter des Schauspielers Klaus Pohl...