Essay
Generationen
und die Normativität von Zeitlichkeit auf und abseits der Bühne
von Mirjam Kreuser
Erschienen in: ixypsilonzett winterheft 2024/25: Generation what?! (01/2025)
Assoziationen: Kinder- & Jugendtheater Wissenschaft
„Okay Boomer“, die Millennials als „Generation Praktikum“, und das politische Engagement der Generation Z bei „Fridays for Future“ – unsere Vorstellung davon, was Generationen ausmacht, geht weit über die einfache Einteilung von Menschen in numerische Alterskohorten und Geburtsjahrgänge hinaus. Die Einsortierung von Menschen in Generationen bleibt idealtypisch und deshalb vage.1 Das Beispiel einer Person aus dem Jahrgang 1996 ergänzt das: Ich habe kein TikTok, kann mich jedoch auch nicht an die ICQ-Jingle erinnern, ich wurde später als die Teenager der Gen Z politisiert, aber lege laut meiner Kolleg*innen jenseits der 30 einiges an Widerstand gegen Selbstausbeutung am Arbeitsplatz an den Tag. Der französische Historiker Pierre Nora benennt Generationen „als Verständniskategorien, mit deren Hilfe die Gesellschaft Sinnsuche betreibt“2, die Zugehörigkeiten sowohl festschreiben als auch dynamisieren. Dieser Begriff gäbe ein „wundervoll präzises Instrument her […], wenn bloß seine Präzision es nicht unmöglich machen würde, es auf die unklassifizierbare Ordnung der Realität anzuwenden.“3 Denn Generationen sind nicht einfach da, in all ihrer Fülle von Werten und Verhaltensweisen, sie werden erst in deren sozialer Aufführung und Wiederholung hergestellt. Generation-Sein ist also nicht nur die Zuordnung von Individuen eines Alters innerhalb eines soziohistorischen Erfahrungs- und Erlebnishorizonts (wie es das inzwischen fast...