Bericht
Die Schichten der eigenen Kunst offenbaren
Die Ausstellung „Wunder.Kammer“ im Münchner Stadtmuseum
von Meike Wagner
Erschienen in: double 39: Gewalt spielen (04/2019)
Assoziationen: Bayern Puppen-, Figuren- & Objekttheater
Wer könnte das Wunder in Kammern sperren? Frank Soehnle unternimmt als Kurator und Gestalter gemeinsam mit der Bühnenbildnerin Sabine Ebner den Versuch. Er bringt uns in seiner Ausstellung im Münchner Stadtmuseum die wunderlichen Dialoge seiner Figuren mit ausgewählten Stücken aus der Sammlung Puppentheater nahe. Wie gelingt ihm dies? Er teilt sich mit – als visionärer Künstler, als ästhetisch empfindsamer Mensch, als abergläubischer Objektsammler.
Entgegen jeder konservatorischen Pflicht hängt Soehnle seine Figuren frei in den Raum, ohne jede Glasabtrennung. In den Räumen ist atmosphärische Theatermusik zu hören. Manche der Figuren sind an drehbaren Spielkreuzen aufgehängt und beginnen sich zu bewegen, wenn ich nähertrete. So gewinnen sie eine immense Lebendigkeit. Ich wundere mich, dass die Figuren kleiner sind, als sie auf der Bühne erscheinen. Das ist jedoch keineswegs enttäuschend, vielmehr bin ich glücklich über eine so intime Begegnung. Im Gegensatz dazu werden die ausgewählten historischen Figuren in Glasvitrinen präsentiert. Frank Soehnle setzt sie direkt in Beziehung zu seinen eigenen Figuren und macht die historischen Einflüsse deutlich. Eine Hexe von Fritz Herbert Bross aus den 1950er Jahren könnte ihre knochigen Finger und grünlich schimmernde Haut direkt Soehnles Marfa aus „Rothschilds Geige“ (2009) geliehen haben. Harry Kramers „Prologsprecher“ (1955) liegt zwar auf den ersten...