Magazin
Boy meets world
Dirk Laucke: Mit sozialistischem Grusz. Roman. Rowohlt Verlag, Reinbek 2015, 208 S., 10,99 EUR.
von Kerstin Car
Erschienen in: Theater der Zeit: Song of Smoke – Der Regisseur und Musiker Thom Luz (05/2015)
Als Dramatiker ist Dirk Laucke längst kein unbeschriebenes Blatt mehr – allein 2014 fanden mit „Seattle“ und „Furcht und Ekel. Das Privatleben glücklicher Leute“ zwei Auftragswerke des 32-Jährigen ihre Uraufführungen in Freiburg und Stuttgart. Kein halbes Jahr später legt Laucke mit „Mit sozialistischem Grusz“ nun auch sein Romandebüt vor.
Wir schreiben das Jahr 2002, die Wiedervereinigung liegt eine Dekade zurück, die Wogen, die die Wende geschlagen hat, sind zwar inzwischen abgeebbt, haben aber in weiten Teilen Ostdeutschlands ein Brachland prekärer Lebensverhältnisse hinterlassen, wo sich die Bewohner in einem Leben zwischen Platte, Arbeitslosigkeit und drohender Jahrhundertflut zurechtfinden müssen. Dort besteht das Leben für den 19-jährigen Ich-Erzähler Phillip Odetski – der aufgrund des ermangelnden Studienplatzes nicht an der Kunsthochschule in Berlin studiert, sondern in Bitterfeld rumhängen muss – aus enervierenden und in Tristesse versumpften Gewohnheiten: Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, essen im Asia-Döner, alten Bekannten aus dem Weg gehen und zeichnen. Was sich für den einen wie eine hippe Boy-meets-world-Geschichte liest, treibt seinem Vater Schweißperlen auf die Stirn. Hermann Odetski, der durch den Zusammenbruch der DDR nicht nur seine Arbeit, sondern auch seine Frau wegen ihrer neuen Westliebe verloren hat, ist genauso von der Erziehung seines Sohnes überfordert wie von den gesellschaftlichen Veränderungen und der eigenen...