Junge Schauspieler
von Herbert Jhering
Erschienen in: Theater der Zeit: Über den Surrealismus (01/1947)
Assoziationen: Schauspiel

Wenn wir heute über den schauspielerischen Nachwuchs schreiben, so müssen wir eins immer im Auge behalten: niemals kann es der Sinn der Zeit sein, durch Not zu einer Duldung oder Förderung des Mittelmaßes gezwungen zu werden. Immer wieder wird das Ungewöhnliche der Sinn der Kunst sein, das Herausfordernde und über die Zeit Hinwegweisende. Aber auch diese Kunst verlangt eine Basis des soliden Handwerks. Es ist gut, daß die Entwicklung uns gezwungen hat, die üppige Genügsamkeit hinter uns zu lassen. Die jungen Künstler werden es leichter haben, weil sie es schwerer haben. Dieses Bewußtsein und dieses Gefühl sollen ihnen Stachel zugleich sein und Beruhigung. Aufruf zur Ungenügsamkeit und Erkenntnis eines Schicksals, das ihnen Umwege erspart.
Es gibt jüngste Schauspieler, die, aus Schulen, Krieg und Rüstung nach dem Zusammenbruch auf die Bühne geworfen, jeder Wirklichkeit standhalten, und doch schon vor einem bewahrt werden müssen: in den alten Prominentenrummel hineingerissen zu werden. Prominentenrummel, das heißt: in das Jahrmarktstreiben der Eitelkeiten und Egoismen, die sich als unabdingbare Forderungen der Kunst ausgeben, in Wahrheit aber nichts anderes als Geltungstrieb und Erstreben materieller Vorrechte sind. Prominentenrummel, darunter ist nicht zu verstehen: die Unruhe zur großen Leistung, die Unruhe der Persönlichkeit und der Drang, weiter zu kommen....