Bericht
Der männliche Code
Feministische Kritik an digitalen Repräsentationssystemen
von Meike Wagner
Erschienen in: double 41: Puppe* – Figurentheater und Geschlecht (04/2020)
Assoziationen: Akteure Debatte Münchner Kammerspiele
Die Münchner Kammerspiele kuratierten im Juni 2019 das Festival „Politik der Algorithmen – Kunst, Leben, Künstliche Intelligenz“. Sechs Tage lang wurden künstlerische Ansätze vorgestellt, „die sich auf die Herausforderungen ihrer Zeit einlassen“.1 Vorträge und Panels rundeten das ambitionierte Programm ab.
Ausgehend von der Erkenntnis, dass Algorithmen, die in der uns umfassenden Digitalisierung unsere Lebenswelt mehr und mehr beeinflussen, von Menschen gemacht und daher Einstellungen und Vorurteile all jener, die sie entwickeln und nutzen, wiedergeben, hatte sich das Diskussionspanel „#2: Politik, Identität, Feminismus“ die Frage gestellt: „Wenn Künstliche Intelligenz vor allem die Probleme reicher Männer aus dem Silicon Valley bearbeitet, wie lässt sich dieser Komplex dann aus feministischer Perspektive verstehen und verändern?“2 Die Veranstaltung wurde zunächst mit der Videoeinspielung eines Vortrags der Medienwissenschaftlerin Helen Hester eröffnet, die zu den Vordenkerinnen des ‚Cyberfeminismus 2.0’ im englischsprachigen Raum gehört. Sie ist die Co-Autorin des „Xenofeminist manifesto“ (2015), das die Ideen von Donna Haraway’s „Cyborg Manifesto“ für unsere Zeit aktualisiert. Haraway hatte 1985 postuliert, dass der/die Cyborg feste Grenzen zwischen Maschine und Mensch in Frage stelle und somit zu einem Vorbild für einen transhumanen Feminismus werde, der den Grenzen traditioneller Geschlechterrollen widerspreche. Aus heutiger Perspektive ist Haraways These immer noch aktuell, jedoch...