Was unterscheidet den Bürger vom Verbrecher? Nicht viel, denn erfolgsorientiert arbeiten beide. Das besagt auch Bertolt Brechts lakonisch-rhetorische Frage, was sei schon der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank, was die Ermordung eines Menschen gegen die Anstellung eines Menschen? Nichts, natürlich, wie die Frage bereits impliziert. Der Bürger ist die Wiedergeburt des Verbrechers unter legalem Vorzeichen! Mit seinem Unterweltopus zu Kurt Weills Jahrmarkts-Jazz-Klängen blickt Brecht in den Bauch von London im 17. Jahrhundert. Das ist die Zeit der sogenannten ursprünglichen Akkumulation, die Geld umverteilt – vor allem mittels Gewalt. Die Bettler spielen Renaissancefürsten, die Huren sind ihre Bräute. Eine alte Ordnung zerbricht, eine neue ist nicht in Sicht. Daraus bezieht diese Anti-Oper von 1928 bis heute ihren Reiz: Die Jagd nach Geld hört nicht auf, im Gegenteil.
Ezio Toffolutti, der Venezianer mit Volksbühnenprägung unter Benno Besson in den siebziger Jahren, hat nun für das Kurt Weill Fest am Anhaltinischen Theater Dessau die „Dreigroschenoper“ auf die Bühne gebracht – und verantwortet selbst Regie, Bühne, Kostüme und Licht. Dass er vom Bühnenbild her denkt, fällt sofort ins Auge: eine typografische Attraktion! Toffolutti nimmt die „3Groschenoper“ beim Wort, zerschneidet diese in eine Zahl und acht Buchstaben (bis „-oper“) und stellt...