Artist:innen vereinigen sich
von För Künkel und Mirjam Hildbrand
Erschienen in: Zirkuskunst in Berlin um 1900 – Einblicke in eine vergessene Praxis (02/2025)
Um 1900 lebten 2000 bis 3000 Artist:innen in Rixdorf und Tempelhof (ab 1912 Neukölln) – davon gehen die Autor:innen eines kleinen Katalogs zu einer Ausstellung über Neuköllner Artist:innen und ihre Vereine im Jahr 1986 aus (vgl. Bezirksamt Neukölln/Kunstamt 1986, S. 4). In diesen Arbeiter:innen-Vierteln waren die Mieten günstig und es bestanden zahlreiche Auftritts- sowie Probemöglichkeiten. Nicht nur die Festsäle konnten als Probe- und Trainingsräume genutzt werden, sondern auch auf dem aus der Turnbewegung des frühen 19. Jahrhunderts hervorgegangenen Jahnschen Turnplatz in der Hasenheide trainierten Artist:innen. Nach dem Ersten Weltkrieg gelang es den ansässigen Artist:innenvereinen dann sogar eigene Proberäume, sogenannte Probierhallen, zu erwerben oder vor Ort zu errichten. Der Artisten-Verein Einigkeit konnte einen Saal und zugehörige Räumlichkeiten in der Kirchhofstraße 41 in Rixdorf übernehmen. Die Freie Artisten Union (die sich von Union Victoria abgespalten hatte) wiederum baute an der oberen Seite der Hasenheide in der Karlsgartenstraße 6–10 hinter dem Restaurant Karlsgarten eine Probierhalle: die Karlskiste (vgl. Bezirksamt Neukölln/Kunstamt 1986, S. 8ff.).
Im Sommer 1883 war mit Der Artist die erste Artistik-Fachzeitschrift im deutschsprachigen Raum entstanden, die zunächst alle 14 Tage und ab 1886 wöchentlich erschien und sich als Plattform des Austauschs und der gegenseitigen Kenntnisnahme verstand. Ein Meilenstein für die Entstehung...