Zumindest ein ästhetisches Prinzip des deutschen Stadttheaters, heute noch für die Mehrzahl dieser Theater verbindlich, wurde durch das Projekt „traumhaft“ von Theater Zinnober 1985 radikal zerstört, was in den Augen der DDR-Stadttheaterverwalter Verrat hieß. Die Spieler brachen konsequent mit der eh immer brüchiger werdenden Vereinbarung, dass die Subjektivität des Darstellers aufzugeben und allein zuzulassen sei in der dramaturgisch-inszenatorisch festgezurrten historisch-moralischen Bewertung der glaubhaft zu verlebendigenden Dramenfigur.
Die Spieler entwickelten als Gruppe aus ihren biografischen Erfahrungen ein sich zu einem Textgespinst verdichtendes und auswucherndes Wort- und Bedeutungsfeld, der Lyrik des Prenzlauer Bergs verwandt, in dem sich die erstaunlichsten Figuren, die die Darsteller waren und nicht waren, kreuzten und die ihr Sein und das, was sie von ihm verstanden, aus sich heraustrieben. Diese Seite der Produktion dokumentiert der hier abgedruckte Text. Nur zu erahnen ist ihre zweite entscheidende Seite: ihre unverschämt sinnliche, expressive und exzessive theatrale Verwirklichung: „Es sind Eingesperrte ohne Bewachung“, schrieb das Theater Zinnober über „traumhaft“, „ohne Gitter, vor der offenen Fläche des Podestes, traumverhaftet, (…) zwischen Gehen-können und Bleiben-wollen, in der ambivalenten Situation eines Tagtraums, mit offenen Augen, die anderes sehen als das Unmittelbare um sich herum. Es sind Figuren, die warten müssen und nicht mehr können, maskierte, verpuppte...