Things Have Changed
Die Sensation: Literaturnobelpreis an Bob Dylan. Welchen Einfluss hat er auf das Theater? Ein Statement
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Things Have Changed – Bob Dylan und das Theater (11/2016)
Bob Dylan und Theater? Das scheint abwegig, doch gibt es ein ganzes Geflecht an Beziehungen. Zuallererst die Frage nach dem künstlerischen Status, den Dylan als Interpret seiner nun nobilitierten Texte im musikalischen Vortrag einnimmt. Er selbst hat sich oft als „Songand-Dance-Man“ bezeichnet, wobei Tanz seine Sache nicht ist. Paul Williams, Kunstexperte der ersten Rock-Generation Ende der sechziger Jahre und Verfasser einer einzigartigen Werkgeschichte Dylans in drei Bänden, bezeichnet ihn durchgängig als performing artist, womit wir der Sache schon etwas näher kommen. Dylans originäres Kunstschaffen sei, so Williams, die fortwährende Neuinterpretation des eigenen Werkes durch die Aufführungen. Zu den Plattenaufnahmen seiner Songs kommt deren Aufführungspraxis in den Konzerten hinzu, die sich über stilistische Phasen und Neuansätze der Arrangements immer wieder verändern – ein Werk, das selbst den akribischsten Dylanologen, Mitschnittsammlern und Kunstzergliederern nie in Gänze greifbar werden dürfte. Das ist ein Werkbegriff, der sich an der Performance festmacht.
Zudem gibt es zwei Theatermenschen, die Dylan lange begleitet und sicher auch beeinflusst haben. Jacques Levy schrieb mit Dylan zusammen die meisten Songs für das Album „Desire“, 1976 als eines der Meisterstücke aufgenommen. Zuvor hatte Levy Dylans „Rolling Thunder Revue“ 1975 quasi als Konzert- und Backstage-Regisseur inszeniert, woraus ein Film in der...