Kaum ein Bild dominierte die mediale Berichterstattung über den Bosnienkrieg mehr als die Amateuraufnahmen der Bombardierung der „Alten Brücke“ in Mostar vom 9. November 1993. Die gezielte Zerstörung dieses Meisterwerks osmanischer Baukunst galt als das Sinnbild des Konflikts in der multiethnischen und -religiösen Stadt: Mit dem architektonisch verbindenden Element zwischen dem bosnischmuslimisch dominierten Osten der Stadt und dem kroatisch-katholischen Westen wurde symbolisch die Idee eines friedlichen Zusammenlebens der Ethnien im ehemaligen Jugoslawien vernichtet. Der Kampf um Mostar ist ein Paradebeispiel der komplexen Frontverläufe des Bosnienkriegs: Nachdem die bosnische und die kroatische Armee mit gemeinsamer Kraftanstrengung den serbischen Aggressor zurückgeschlagen hatten, eskalierte ein Konflikt zwischen den zuvor verbündeten Parteien. Die Kämpfe zwischen Bosniern und Kroaten, oftmals als „Krieg im Krieg“ bezeichnet, spalteten die Stadt nachhaltig.
Die Brücke ist wieder aufgebaut, doch die topografische Trennung Mostars durch den Fluss Neretva in einen östlichen und einen westlichen Stadtteil ist seit dem Bosnienkrieg zugleich eine kostspielige verwaltungspolitische Teilung in eine „kroatischkatholische“ Seite im Westen und eine „bosnisch-muslimische“ Seite im Osten: zwei Fußballclubs, zwei Schulsysteme, zwei Universitäten, zwei Stadtverwaltungen – und zwei städtische Theaterhäuser.
Noch während des Bosnienkriegs spalteten sich kroatische Ensemblemitglieder des zuvor gemeinsamen jugoslawischen Nationaltheaters Narodno Pozorište ab und gründeten auf der Westseite...