„Schleef war als Dichter und als Theatermann die herausragendste Erscheinung, die ich kennengelernt habe. Es hat nur zwei Genies in Deutschland nach dem Krieg gegeben, im Westen Fassbinder, im Osten Schleef“, schrieb Elfriede Jelinek 2001, nachdem sie vom frühen Tod Schleefs erfahren hatte.
Einar Schleef war zweifelsohne einer der wichtigsten und radikalsten Universalkünstler in Deutschland, vielleicht auch der größte Außenseiter. Während sein Monumentalroman „Gertrud“ wie auch seine ästhetisch richtungsweisenden wie umstrittenen Theaterinszenierungen enorme Spuren hinterlassen haben, gerät sein dramatisches Werk zunehmend in Vergessenheit. Wir nehmen unseren Themenschwerpunkt „30 Jahre Mauerfall“ zum Anlass, dieses Werk wieder in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken, und drucken sein erstes Theaterstück ab – noch geschrieben in der DDR 1973/74, uraufgeführt in der alten BRD 1983 –, dem wir hier zwei kontextualisierende Passagen aus Schleefs Tagebüchern voranstellen.
1974
GEBURTSTAGSGESCHENK FÜR GABRIELE
Kommentar Anfang April 2001
In diesen Monaten arbeite ich an meinem 1. Theaterstück. Das ich mehrmals weglege, erneut hervorhole, ich habe nichts anderes für Gabriele, die sich sicher freuen wird, aber ich komme mit meiner Schreiberei nicht an, auch als der Text endlich fertig ist, ich ihn Müller, Brasch, Trolle zeige, überall die gleiche Reaktion, blöd, Wiedervereinigung unter Wasser. Die Geschichte ist einfach, ich hatte...