14.2 Bewertungslosigkeit gegenüber Mitspielern
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Wie willst du achtsam und spielerisch mit den Angeboten deiner Mitspieler umgehen, wenn du sie einteilst in „gut“ oder „schlecht“?
Bewertungslosigkeit ist ein zentraler Bestandteil vieler Meditations-Übungen, und zwar aus gutem Grunde. Bewertungen sind einerseits Teil des Lebens, wir müssen urteilen, um überhaupt überleben zu können – Wetter, Nahrung, Gefahren. Das Problem ist nur, dass wir im Laufe unseres Lebens so viele Bewertungsmuster (man könnte auch sagen: Vorurteile) angehäuft haben, dass sie unsere Freiheit einschränken und uns des inneren Friedens berauben.
Im Improvisationstheater belastet das Urteil das freie Spiel. Wir können nur dann bedingungslos ja sagen, wenn wir nicht unseren Urteilsfilter zwischen das Angebot und unser Ja setzen. Sonst wird unser Ja halbherzig. Nun könnte man einwenden, dass es doch ausgesprochen schöne Angebote gebe. Ein Urteil wie „Das ist ein schönes Angebot“ ist ja auch ein Urteil, nur eben ein positives. Das ist wohl wahr, aber im Zustand der heiteren Bewertungslosigkeit wird jedes Angebot zum „schönen“ Angebot, in dem Sinne, dass ich damit spielen kann.
Angstbeladene Anfänger bewerten fast jedes Angebot als gefährlich: Sie zieren sich, eine positive oder negative Figur zu spielen oder Tätigkeiten auszuführen, die sie nicht mögen. Sie zieren sich, sich überhaupt aufs Unbekannte einzulassen. Sie zieren...