Einführung
von För Künkel und Mirjam Hildbrand
Erschienen in: Zirkuskunst in Berlin um 1900 – Einblicke in eine vergessene Praxis (02/2025)
Die großen Zirkusgesellschaften spielten in Europa wie auch in Russland um 1900 nicht in Zelten, sondern in mächtigen Holzkonstruktionen oder in pompösen steinernen Gebäuden in den Stadtzentren, so auch in Berlin. Die Zeit der Berliner Zirkusgebäude begann 1821 mit dem Bau des Circus vor dem Brandenburger Tor und endete 1985 mit dem Abriss des damaligen Friedrichstadt-Palasts – einem ehemaligen Markthallengebäude, das ab 1873 zum Zirkus umgenutzt wurde und bis 1919 als Spielstätte der berühmten Gesellschaften Circus Salamonsky, Circus Renz sowie Circus Schumann bekannt war. In diesem Zeitraum von rund 160 Jahren existierten in Berlin circa zehn feste Zirkusspielstätten, wobei die ab 1850 bestehenden, steinernen Gebäude zwischen 3000 und 5000 Zuschauer:innen fassen konnten und damit drei- bis viermal so viel wie die Berliner Schauspiel- und Opernhäuser. Ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erlangten die Zirkusgesellschaften mit ihren prunkvollen Gebäuden im Stadtzentrum einen wortwörtlich zentralen Platz inmitten der Berliner Theaterlandschaft. Um 1900 herum waren drei Zirkusgebäude in Berlin prägend:
1873–1985, der sogenannte Markthallenzirkus und spätere Friedrichstadt-Palast, zwischen Karlstraße (heute Reinhardtstraße) und Schiffbauerdamm an der Spree gegenüber vom Bahnhof Friedrichstraße
1886–1896, Circus Krembser, bei der Kronprinzenbrücke an der Ecke Unterbaum Straße und Friedrich-Carl-Ufer (heute Kapelle-Ufer in der Nähe des Bundestags)
1895–1937, Circus...