Die Ära der großen Meister ist vorbei
Zeiträume für ein sich immer wieder neu erfindendes Theater
Erschienen in: Recherchen 105: Wie? Wofür? Wie weiter? – Ausbildung für das Theater von morgen (03/2014)
„The Future will be confusing“ – dieser Satz entstammt der Arbeit Will Be von Tim Etchells, bildender Künstler, Autor und seit 1984 künstlerischer Leiter des britischen Performancegruppe Forced Entertainment.1 Sie besteht aus bunten Neonbuchstaben, die wild durcheinandergewürfelt über eine Wand verteilt sind und keinerlei Ordnung oder Sinn erkennen lassen, während die gleichen Buchstaben auf einer gegenüberliegenden Wand wieder sinnstiftend zusammengeführt als Aussage lesbar werden. Indem Etchells die strukturelle Ordnung ins Chaos überführt, werden weitverbreitete Zukunftsängste thematisiert. Gleichzeitig lässt sich in der Betrachtung der „sinnfrei“ leuchtenden Einzelteile des dekonstruierten Satzes das Potenzial sinnlicher Wahrnehmung erfahren. Das Auge des Betrachters schweift umher und versucht unwillkürlich, Verbindungen zwischen den einzelnen Buchstaben und Farben herzustellen. Chaos und Unordnung stehen eben nicht nur für die allgemeine Unsicherheit der Menschen oder die Angst vor Katastrophen, sondern auch für einen Zustand der Offenheit, in dem Bedeutungen noch nicht festgelegt sind und etwas Neues und Unvorhersehbares sich ereignen könnte. Oder wie es so prophetisch in Brechts Im Dickicht der Städte heißt: „Das Chaos ist aufgebraucht. Es war die beste Zeit.“
In diesem Sinne hätte die Aussage, dass die Zukunft verwirrend sein wird, auch etwas Ermutigendes. Sie kann uns die Angst vor dem eigenen Scheitern nehmen, sei es...