Look Out
Vom Ich zum Wir
Die Schauspielerin Stella Hilb zieht gegen die emotionale Verkrüppelung zu Felde
von Theresa Schütz
Erschienen in: Theater der Zeit: Isabelle Huppert: Exklusiv im Gespräch (06/2016)
Da baumelt sie im Bühnenhimmel! Mit dickem Wattonbauch und fusseligen Härchen. Oder besser: er, Rufus, der letzte noch lebende Patient im Sanatorium der „Mad Madams“. Oder noch besser: sie, Rufus und seine schizophrenen Persönlichkeiten Dr. Orko, ein Wissenschaftsgenie aus der Tundra, und Man at Arms, seines Zeichens Straßenkämpfer. Zu Jefferson Airplanes „White Rabbit“ fliegt Rufus zufrieden und im Rhythmus zuckend über die Bretter und bekommt den Traum erfüllt, den Pino, das Akademikerkind aus Sulzbach, hinter der Hecke mit kreisförmigem Haarausfall und dem verzweifelten Wunsch, Künstlerin zu sein, so beharrlich als Prozesskunst-Manœuvre in „Kings“ probte.
Rufus und Pino – das sind Figuren, die die Autorin und Regisseurin Nora Abdel-Maksoud der Schauspielerin Stella Hilb in ihren Inszenierungen „Mad Madams“ am Neuen Theater in Halle und „Kings“ am Berliner Ballhaus Naunynstraße förmlich auf den Leib geschrieben hat. Ein großes, seltenes Theaterglück für eine junge Schauspielerin, zu deren größten Talenten ein uneitles, urkomisches und doch äußerst genaues und überlegtes Spiel gehört. Besonders eindrücklich auch die Körperlichkeit und Energie, mit der sie ihre Figuren zu (er)finden wie auszustatten vermag. Stella Hilbs Verkörperung des watschelnden, pupsenden und Nüsschen knabbernden Rufus, der sich in permanentem Widerstreit mit den anderen Stimmen seines Ichs befindet und das hehre Ziel...