Herr Hotak, Sie waren von 2015 bis 2019 Leiter des seither geschlossenen Goethe-Instituts in Kabul. Wie hat Sie Ihr Weg dorthin geführt?
Anfang der 2000er Jahre hatte ich den Wunsch, nach langen Jahren der Abwesenheit in meine Heimat Afghanistan zurückzukehren und einen Beitrag zum Wiederaufbau zu leisten. Mit diesem Ziel war ich ursprünglich zum Studium nach Deutschland gekommen. Es ging darum, zusammen mit der internationalen Gemeinschaft einen Neubeginn anzuschieben – was während des Bürgerkriegs und der Taliban-Zeit ja nie möglich war. So bin ich 2003 erstmals wieder nach Kabul gereist, wo sehr chaotische Zustände herrschten und mir vieles nach 15 Jahren in Deutschland fremd erschien. Umso mehr Lust hatte ich, Ordnung in das Durcheinander zu bringen (lacht). Etwas später kam ich in Kontakt mit der Leitung des Goethe-Instituts in Kabul, das unterdessen eröffnet hatte. 2005 habe ich dort als Programmkoordinator im Bereich Kultur angefangen.
Welche Situation haben Sie damals vorgefunden?
Die Kulturlandschaft lag vollkommen brach, Kultureinrichtungen existierten nicht, die meisten Künstlerinnen und Künstler waren im Exil. Ein kulturleerer Raum. Entsprechend stellte sich uns die Frage: Wo anfangen? Es lag auf der Hand, bei den Strukturen anzusetzen, erst einmal materielle Unterstützung zu gewähren. Wir haben Institutionen wie dem Nationaltheater...