Ein Mutiger in Freiburg
Erschienen in: Arbeitsbuch: Peter Carp – Weltempfänger in Luzern, Oberhausen und in Freiburg (04/2025)

Eigentlich begann alles eher harmlos. Dennoch: Die erste persönliche Begegnung mit Peter Carp, dem neuen Intendanten am Theater Freiburg, hatte es doch in sich. Der Beginn wurde mit Tschechow markiert. Das mochte angehen, Krim-Annexion hin oder her. Damals schien ja alles noch irgendwie und einigermaßen im Lot zwischen Deutschland und Russland. Aber Tschechow ausgerechnet von einem iranischen Regisseur inszenieren zu lassen, der zu diesem Zeitpunkt in Freiburg vermutlich noch nicht einmal namentlich bekannt gewesen sein dürfte, das war schon ziemlich viel für die sich gerne beschaulich gebende Universitätsstadt. Aber damit nicht genug. Amir Reza Koohestanis Inszenierung wurde zudem als „Uraufführung“ angekündigt, als Stück „nach Anton Tschechow“, auf Farsi geschrieben von einem Regisseur, der den Schauplatz des „Kirschgartens“ mutig in einen heruntergekommenen Klub verlegte. Das Ganze war, so zumindest meine Erinnerung, ein in jeder Hinsicht außergewöhnlicher Theaterabend, nicht zuletzt auch durch die nachfolgende Premierenfeier. In der damals in sehr realer Weise ebenfalls heruntergekommenen Theaterbar verteilte der Intendant Lollipops mit Kirschgeschmack an das distinguierte Freiburger Premierenpublikum. Er tat dies mit der ihm eigenen Grandezza, freundlich zugewandt, nie anbiedernd, immer hanseatische Distanz wahrend. Das aus dem Kleinen Saal strömende Publikum schwankte zwischen Belustigung und Befremdung.
Liest man heute retrospektiv Peter Carps für Freiburg...