Report
„Das Publikum ist kein toter Briefkasten“
Die Bürger:Bühne am Staatsschauspiel Dresden in der neuen Leitung von Christiane Lehmann
von Lara Wenzel
Erschienen in: Theater der Zeit: Nachhaltigkeit (03/2025)
Assoziationen: Sachsen Staatsschauspiel Dresden

Es gibt Helikopter- und Fallschirmmütter, erklären die fünf Frauen in bunten Petticoat-Kleidern. Während Erstere unentwegt um ihre Kinder kreisen, seien sie – schon allein aus Zeitgründen – eher Zweitere. Als berufstätige Alleinerziehende waren sie nicht immer, aber wenn es drauf ankam, da, um sich schützend über ihren Kindern aufzuspannen. In ihrer Auftaktinszenierung an der Bürger:Bühne Dresden widmet sich ihre neue Leitung Christiane Lehmann dem Verhältnis von Müttern und Töchtern. Dafür begaben sich die fünf Paare in einen intensiven Rechercheprozess mit sich selbst. Entlang des autobiografischen Essays „Klassenbeste“ von Marlen Hobrack untersuchten sie, welche Rolle die eigene Herkunft in ihren Leben spielte.
Gerahmt durch klassen- und geschlechtertheoretische Überlegungen wird die Frage: „Was wolltest du mal werden?“, die die Töchter an die Mütter richten, zum Politikum. In den Antworten der Frauen wird klar, dass sowohl das Ausbildungsregime der DDR als auch die Erwartungen der Eltern ihre Träume in die Ferne rückten. Sie gingen in die Lehre, die vor allem ein sicheres Auskommen versprach, und nahmen erst nach der Wende ein Studium auf oder versuchten sich in Selbstständigkeit. Ihre Berufsbiografien sind gezeichnet von Aufbrüchen und dem Versuch, einen selbstbestimmten Weg zu gehen, während sie sich als Alleinerziehende auch mit Idealbildern von Mutterschaft rumschlagen...