I Bertolt Brechts Größe besteht vor allem darin, dass er sich als ein wahrhaft „katholischer“ Autor verstand, wie er es bewusst provozierend formulierte. Er fasste – je älter er wurde – in nahezu allen seinen Werken, Notaten und mündlichen Äußerungen, die uns überliefert sind, stets das Ganze, das heißt die universalen Aspekte sämtlicher politischen, ideologischen und sozioökonomischen Verhältnisse ins Auge, statt sich lediglich mit partikularen Fragen bestimmter individueller oder tagespolitischer Problemstellungen abzugeben. Ihm ging es nicht um das Vereinzelte, nur ihn Betreffende, sondern um einen grundsätzlichen, alle Menschen angehenden „Umgang mit den Welträtseln“, wie es im Untertitel von Werner Mittenzweis großer Brecht-Biographie von 1986 heißt.1 Man mag das angesichts der äußerst komplexen Weltlage, der sich Brecht gegenübersah, hybrid oder gar anmaßend nennen, ja, ihn als einen „plumpen“ Vereinfacher abtun, der besser getan hätte, sich mit einer differenzierten Analyse bestimmter Einzelprobleme der angeblich ins Pluralistische ausartenden modernen Industriegesellschaften zu begnügen und endlich einzusehen, dass es im Hinblick auf das Ende der älteren „Meistererzählungen“, die sich noch um eindimensionale Veränderungskonzepte bemüht hätten, schon längst keine „einfachen Lösungen“ mehr gebe. Doch im Gegensatz zu den unnötig verschachtelten Formulierungsbemühungen eines Theodor W. Adorno ist gerade das „Plumpe“ an Brechts Sehweise und Sprachgebung, wie...
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