Exklusiver Vorabdruck
Das Spiel der rechten und der linken Hand
Von ästhetischer Arbeit bei Georg Lukács
Erschienen in: Theater der Zeit: Das große Kegeln – Zur Machtdebatte am Theater (06/2021)
Assoziationen: Buchrezensionen
[…] Vor seiner kommunistischen Zeit und in deren Anfangszeit war Lukács ein eher impressionistischer Denker, begeistert von der zerfledderten Sorte Kulturkritik, die Alfred Kerr, eine Art in Aphorismen und Scherzen und halbfertigen Ideen plappernder Twitter-Pionier ante datum, in deutschen Zeitungen pflegte. Um ernsthafteres Grübeln bemühte sich Lukács in diesen Lehrjahren freilich auch, das lernte er dann bei Leuten wie Georg Simmel und Max Weber. Schließlich kam die Revolution nach Ungarn und Lukács lief mitten hinein. Der Oktoberumsturz in Russland war erst zwei Jahre her, seine bolschewistische Führung lernte das Schwimmen im unruhigen Wasser und diejenigen ihrer Kader, die sich in Ungarn oder weiter westlich blicken ließen, um der sozialistischen Weltrevolution auf die Beine zu helfen, mit der sie, weil sie Marx gelesen hatten, stündlich rechneten, hatten von den anstehenden Aufgaben meist ebenso wenig Ahnung wie diejenigen, die sich von ihnen Unterweisung versprachen. Man lernte daher voneinander und gegeneinander, im harten Gegenwind der Umstände, zu vieles war fast Zufall: Lukács etwa wurde, wie er selbst viel später vermutete, wohl nur deshalb Volkskommissar für Unterrichtswesen in der Regierung des Kommunisten Béla Kun, weil er als Autor und Kritiker unter den Intellektuellen halbwegs bekannt war, die man für bestimmte Bereiche des einzurichtenden neuen...