Experiment am eigenen Körper
Nis-Momme Stockmann
Erschienen in: Arbeitsbuch 2020: Stück-Werk 6 – Neue deutschsprachige Dramatik im Porträt (07/2020)
Assoziationen: Akteure
Eine lexikalische Weltoper! Diese Idee begleitet Nis-Momme Stockmann seit mehr als zwanzig Jahren, seit Beginn seines literarischen Bewusstseins. Diesem Autor geht es ums Ganze – immer. Er lacht, wenn er davon spricht. Ob die stündlich anwachsende Sammlung zu dieser Unternehmung, in die Alltagsbeobachtungen, Katastrophen, Lektüren aller Art, poetische, poetologische, wissenschaftliche, gesellschaftspolitische Diskurse als Material einfließen, jemals abgeschlossen wird und in ein aufführbares Werk mündet, ist ungewiss – ja eher unwahrscheinlich –, dennoch wäre es falsch zu glauben, ihm wäre es mit diesem Vorhaben nicht ernst. Es ist ihm sogar sehr ernst. Ich wage zu behaupten, dass alle seine veröffentlichten Texte – Theaterstücke, Prosa, Lyrik, Essays, selbst seine Facebook-Einträge – als Einblicke in diesen Arbeitsprozess, als skizzenhafte Zwischenstände dieser einen Lebensaufgabe zu lesen sind, deren Produktivkraft sich der tiefen Sehnsucht nach Kontaktnahme mit – ja was? – mit „Etwas“ verdankt.
Das „Ganze“ ist natürlich schwer zu fassen. Das ist Stockmann bewusst, zumal er Teil des Systems ist und dadurch die blinden Winkel zahlreich sind. In seinem vorläufigen, dramatischen Opus magnum „Tod und Wiederauferstehung der Welt meiner Eltern in mir“ hatte Stockmann sich erstmals wundgerieben in dem Versuch, für unsere Gegenwart eine Form zu finden. „Kapitalismus“ – der Kampfbegriff der Elterngeneration. Seiner...