Es klingelt, und der Nachbar steht vor der Tür. Oder besser gesagt: auf dem Acker, denn in Karin Henkels „Kirschgarten“ gibt es keine Türen. Nur diese weite, düstere Sandfläche, die danach schreit, bebaut zu werden, und das schafft man in der Regel nicht allein. Und wirklich: Er sieht nett aus, dieser Nachbar, ein richtig dufter Typ. Kommt da auf die Bühne, ein rosa Poloshirt überm dicken Bauch, in der Hand jovial einen Hammer schwingend, als wolle er nur schnell bei einer Reparatur assistieren. So kennt man ihn, Charly Hübner, so hat man ihn hundertmal gesehen, in all diesen Rollen im Fernsehen, wo er die Ulfs und Udos spielte, Kumpel von nebenan, die, wie es die Prime Time eben erfordert, ebenso hilfsbereit wie harmlos waren. Doch irgendetwas an diesem Lopachin ist anders.
Wie ein Tick zuckt ihm nervös sein Tatendrang in den Händen, ein Kraftprotz, der mit anpacken will – nur: zu fassen gibt es nichts. Von den Sommerhäusern, die er bauen will, wollen die anderen gar nichts wissen. Der Hammer schwingt ins Leere. Oder peilt er längst ein anderes Ziel an? Der schrecklich nette Nachbar jedenfalls kommt einem plötzlich schrecklich nah, schwitzt und stiert aus diesen viel zu dunklen Augen....