Das Nationaltheater von Algier ist ein repräsentables Gebäude aus der französischen Kolonialzeit: Stuck und Plüsch. Es liegt direkt am Meer, eine sanfte Brise kräuselt die Blätter der Palmen. In Bejaia, einer etwa 300 Kilometer weiter östlich an der Küste gelegenen Stadt, widmet sich ein internationales Festival der „Vierten Kunst“, wie man das Theater hier nennt. Das Festival von Bejaia war der eigentliche Anlass für das knapp zweiwöchige Gastspiel des Theaters an der Ruhr in Algerien; man spielt hier Peter Handkes „Kaspar“, eine Produktion aus dem Jahr 1987. In dem Stück gibt es eine Szene, in der die Schauspielerin Maria Neumann, die Kaspar spielt, nackt ausgezogen wird; natürlich wurde im Vorfeld über die Risiken dieser Szene diskutiert – schließlich ist Algerien ein islamisch geprägtes Land. Aber sie geht anstandslos über die Bühne, allenfalls ein leichtes Raunen ist im Saal vernehmbar. – Ich treffe Roberto Ciulli, den Direktor des Theaters an der Ruhr, der am kommenden 1. April seinen 80. Geburtstag feiern darf, im Café gleich neben dem Theater von Algier. Er ist vollkommen entspannt. Die Haare sind immer noch lang wie eh und je; nur die Zigarre, die er früher zu rauchen pflegte, hat er sich inzwischen abgewöhnt.
Herr Ciulli, Sie...