Ausgangslage der politischen Selbstfindung
von Burghart Klaußner und Thomas Irmer
Erschienen in: backstage: KLAUSSNER (09/2019)
Das klingt, als wäre es trotzdem leicht gewesen, sich eine eigene Position zu erarbeiten und weder in eine bestimmte Richtung gedrängt zu werden noch eine Belastung verarbeiten zu müssen.
Es fiel mir im Gegenteil sehr schwer, eine eigene Position zu erobern, denn die Unveränderbarkeit der Lebensumstände schien gewaltig. Der Antikommunismus war die Haltung, auf die sich im westlichen Lager alle einigen konnten, natürlich auch die Sozialdemokraten. Deshalb war der Schwenk vom antikommunistisch erzogenen kleinen Jungen, der Berlin den Amerikanern verdankte, hin zu einem, der in der 68er-Bewegung plötzlich hinter einer roten Fahne herlaufen sollte, größer nicht vorstellbar.
Dazu muss man sich die dritte Station meiner Kindheit in Berlin vor Augen halten. Ich war ein Jahr auf dem altsprachlichen Gymnasium in Steglitz, dem „Heese-Gymnasium“. Bis zum durch die wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten bedingten Umzug 1962 nach Bayern. Das Altgriechische blieb mir so erspart. Der Direktor hatte auf der Inaugurationsveranstaltung der neuen Jahrgänge im Titania-Palast eine Rede gehalten, die Griechisch begann und mit einem griechischen Zitat endete. Da wurde einem Zehnjährigen natürlich schwarz vor Augen, weil man dachte: „Was kommt da auf mich zu?“ Heutzutage sage ich „schade“. Wie bei so vielen Dingen, die einem als Kind schrecklich erscheinen und später unter...