Viel Potenzial, wenig Raum
Wie das Devised Theater die Position der Dramatik im slowenischen Theater veränderte
von Zala Dobovšek
Assoziationen: Europa Dramatik Dramaturgie Dossier: Slowenien
Erschienen am 27.9.2023
Als Jernj Lorenci am Slowenischen Nationaltheater Ljubljana (SNG Drama Ljubljana), das zentrale Schauspielhaus in Slowenien, 2016 das Theaterstück „König Ubu“ nach den Prinzipien des Devised Theaters inszenierte, löste das in der slowenischen Kulturwelt heftige Reaktionen auf mehreren Ebenen aus. Diese sogenannte Revolution war nicht nur auf das methodologische Prinzip des Devised Theaters, sondern auch auf den Ort der Aufführung zurückzuführen. Es handelte sich nämlich um das allererste Beispiel für ein Devised Theater auf der großen Bühne des slowenischen Nationaltheaters. Ganz gleich, welche positiven oder negativen Reaktionen das Projekt bei der Fachöffentlichkeit und dem Publikum hervorrief, galt dies durchaus als bedeutende politische Geste und Wende des aktuellen Theaterrepertoires. Im Falle von „König Ubu“ kam es zu Meinungsverschiedenheiten, ob es sich dabei um ein Experiment handele oder nicht. Die Antwort ist zweigeteilt. Einerseits ging es bei der Aufführung eindeutig um die radikale Umwandlung eines kanonischen Textes. Sie wurde durch improvisierte Einlagen, politische Unkorrektheiten, erzählerische Aktualisierungen und performative Interaktionen ergänzt. All dies geschah mit einer solchen Intensität und Prinzipientreue, wie man sie bisher auf der großen Bühne des SNG Drama Ljubljana noch nie zu sehen bekam. In diesem Sinne könnte man die Inszenierung als experimentell bezeichnen, nicht zuletzt auch in Hinblick auf...
Erschienen am 27.9.2023