Herr Bartling, Sie haben sich als Coach auf Theater spezialisiert. Warum? Sind die Theater besonders beratungsbedürftig?
Oder -resistent?! (Lacht)
Oder das, genau?!
Tatsächlich habe ich mich gar nicht auf Theater spezialisiert. Etwa fünfzig Prozent meiner Aktivitäten liegen in der Kulturbranche, die anderen fünfzig immer noch im Wirtschaftsbereich. Weil meine Partnerin schon länger mit Theatern gearbeitet hat, wurde ich irgendwann gefragt, ob ich mit Führungskräften aus dem Theater reden könnte, um eine Perspektive von außen einzubringen. Das hat Spaß gemacht – und war für beide Seiten ein Kulturschock.
Inwiefern?
Ich habe beobachtet, dass Führung im Theater sehr viel stärker mit Emotionen verknüpft ist als in der Wirtschaft. Fakten, das eher Analytische, Wissenschaftlichere, fehlten mir oft erst einmal. Umgekehrt wurde mir eine sehr nüchterne Analytik gespiegelt.
Kunst, heißt es immer so schön, folge anderen Gesetzen. Auf der Bühne ist das richtig, im Betrieb nicht. Machtmissbrauch und toxisches Arbeitsklima sollten nicht im Namen der Kunst toleriert werden. Folgt man der 2019 erschienenen Studie von Thomas Schmidt zu „Macht und Struktur im Theater“, passiert aber genau das. Wo liegt aus Ihrer Sicht das Problem: bei der Führungsebene, im Gesamtbetrieb Theater oder, ganz abstrakt gesehen, in der sehr pyramidalen, aus dem 19. Jahrhundert...