Eines Tages wird die Katastrophe über uns hereinbrechen. Und sie wird gnadenlos, biblisch, apokalyptisch sein. Feuerbälle werden auf uns niederprasseln, niemanden verschonen. Nur jene Anständigen und Rechtschaffenen, die von einem Engel auserwählt werden: Sie werden in letzter Sekunde gerettet. Davon ist die Erzählerin Baganja (Jaëla Carlina Probst) im Stück „Umständliche Rettung“ bedingungslos überzeugt. Mit der Muttermilch hat sie diese Ansicht aufgesogen — hat doch ihre Mutter das Erbe des väterlichen, millionenschweren Unternehmens „Sahur Industry“ ausgeschlagen, um nicht im kapitalistischen Sumpf der fiktiven Stadt Sodiriya unterzugehen. „Scharfsinnig“ nennt Baganja diese vorausschauende Entscheidung ihrer Mutter, die lieber eine zufriedene Hure war, als sich vom stinkenden Moloch verpesten zu lassen. Baganja tritt in ihre Fußstapfen, stets wachsam, damit sie den Engel, der selbstverständlich sie selbst zur Rettung auswählen wird, nicht verpasst.
Die Autorin Martina Clavadetscher gewann mit ihrem Stück „Umständliche Rettung“ 2016 die 4. Essener Autorentage „Stück auf“. Nun wurde ihr dichtes und einfallsreiches Werk in der Casa in Essen uraufgeführt. In ihrem Theatertext wechseln sich schnelle, zackige Dialoge und innere Monologe ab. Ihre Sprache ist heutig und direkt, doch immer wieder ergeben sich kleine, poetische Momente. Den größten Redeanteil hat die Figur der Baganja, die als außenstehende Erzählerin und innerer Motor der...