„Einsame Menschen“, 1890 geschrieben, ist Gerhart Hauptmanns drittes Stück. Der Theologe Johannes Vockerat und seine Frau Käthe haben eben ihr erstes Kind bekommen, die Eltern Vockerat sind zur Tauffeier an den Müggelsee gereist, während Künstlerfreund Braun, der Agnostiker vom Dienst, ein bisschen herummault. Plötzlich und unangemeldet taucht ein weiterer Gast auf: Anna Mahr, Studentin und Freundin von Braun, macht Zwischenstation auf dem Weg nach Zürich. Johannes, der an seiner geistlichen Berufung zweifelt und sich in seiner jungen Ehe mit der unbedarften Käthe langweilt, ist beim ersten Anblick „dieser Person“ – so nennen die Eltern sie – hingerissen. Was Johannes nach besten Kräften als bloße geistige Sympathie zu tarnen versucht, entwickelt sich zu einer Amour fou, die am Ende nur noch die Frage offenlässt, welches Opfer sie fordert: Anna, Käthe oder Johannes. Oder anders gesagt, welches Prinzip über welches andere triumphiert: der Status quo, die bestehende Ehe über den Ruf der Freiheit, oder umgekehrt?
Der Bochumer Hausregisseur Roger Vontobel lässt keinen Pfarrer predigen, um die Taufe des Stammhalters zu feiern. Es sind vielmehr zwei Musiker, die in einer Art Hauskonzert – die Vockerats sitzen dem Duo andächtig in einer Reihe gegenüber – erbauliches Liedgut zum Besten geben. Damit schlägt Vontobel einen...