Theater der Zeit

Über Fluglärm

Pandemische Arbeiten von LIGNA und Lawrence Abu Hamdan

von Benjamin Wihstutz

Erschienen in: Recherchen 165: #CoronaTheater – Der Wandel der performativen Künste in der Pandemie (08/2022)

Assoziationen: Performance Dossier: Digitales Theater Dossier: Klimawandel Gruppe Ligna

The Passengers von LIGNA. Screenshot: Ole Frahm.
The Passengers von LIGNA.Foto: Ole Frahm

Seitdem ich in Mainz wohne, weiß ich, dass schönes Wetter meist Ostwind bedeutet. Denn bei Ostwind beginnen die Tage für mich mit einer bestimmten Art des Aufwachens: Mein Wecker ist dann der Sound einer Boeing 747 aus Bogotá oder Beijing, eines A 380 aus Lagos oder Los Angeles. Der Lärm beginnt exakt um 4:56 Uhr, vier Minuten vor der Landeerlaubnis am Frankfurter Flughafen. Da die Flugzeuge den Gegenwind zum Landen nutzen, fliegen sie bei Ostwind nicht, wie zwei Drittel aller Tage im Jahr, von Offenbach aus den Flughafen an, sondern kommen genau über mein Haus geflogen. Der Lärm steigert sich für dreißig Sekunden auf etwa fünfzig Dezibel und ebbt dann nach etwa vierzig Sekunden wieder ab. Nach ein bis zwei Minuten Ruhe beginnt der vertraute Sound von Neuem.

Als im Frühjahr 2020 die Theater zum ersten Mal schließen mussten und ein Großteil des öffentlichen Lebens zum Erliegen kam, hatten die internationalen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie für meinen Wohnort einen angenehmen Nebeneffekt. Zwar landeten nach wie vor einige Cargo-Frachter am frühen Morgen in Frankfurt und eine Weile fanden noch zahlreiche Leerflüge statt, die aufgrund von reservierten Slots und der hohen Standgebühren am Flughafen nicht ausfallen konnten. Doch spätestens nach zwei...

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