Thema
Weg mit dem Intendanzmodell
von Staub zu Glitzer
Erschienen in: Theater der Zeit: Perspektiven der Volksbühne – Viktor Jerofejews Putin-Stück: Der Große Gopnik (05/2024)
Assoziationen: Debatte Berlin Volksbühne Berlin
Für viele scheint es einfacher zu sein, sich das Ende des Theaters vorzustellen als das Ende von Intendanz. Dabei hatten wir uns doch vorgenommen, uns immer wieder neu aus den bestehenden Verhältnissen herauszudenken und darauf zu beharren, dass Theater bei einer gesellschaftlichen Transformation eine Rolle spielen kann. Kulturinstitutionen wohnt nicht per se etwas Progressives oder Emanzipatorisches inne. In erster Linie stabilisieren und konservieren sie die jeweilige Gesellschaftsordnung und die Geschichte lehrt uns, dass Theater auch im Faschismus ganz wunderbar ihre Funktion erfüllten. Die einen oder anderen konnten sich ja bekanntlich arrangieren, damals am Horst-Wessel-Platz.
Die Idee zu einer Volksbühne in Berlins Mitte entsprang dem klassenkämpferischen Bewusstsein einer organisierten Arbeiter:innenschaft und ihrer bürgerlichen Unterstützer:innen. Prämisse war: Die Emanzipation des Menschen ist nicht nur notwendig, sondern unabdingbar. Kapitalismus, Grenzen, Rassismus, Religion und Geschlechterungerechtigkeiten jedweder Art werden eines Tages überwunden sein, wenn wir uns nur hartnäckig organisieren. Es ging um Empathie und Solidarität, um Community Organizing. Mit Gustav Landauer gelang 1913 dann auch einem Ex-Knacki und jüdischen Linksradikalen, einem Anarchisten, die Reunion von Freier – und Neuer Freier Volksbühne. In einem Brief an Louise Dumont schreibt er 1919 kurz vor seiner Ermordung: „Für mich ist das alles Ein Ding: Revolution –...