Schauspielerausbildung
Quelle 13
von Bertolt Brecht
Erschienen in: Lektionen 3: Schauspielen Theorie (12/2010)
Assoziationen: Theatergeschichte Schauspiel
Elementarregeln für Schauspieler
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Bei der Darstellung der Greise, der Schurken und der Wahrheitsager muß man nicht mit verstellter Stimme sprechen.
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Man muß den Figuren von Ausmaß eine Entwicklung geben. Pawel Wlassow in „Die Mutter“ zum Beispiel wird zum Berufsrevolutionär. Aber zu Beginn ist er noch keiner, darf also nicht als solcher gespielt werden.
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Man muß nicht Helden dadurch charakterisieren, daß man sie niemals erschrecken, Feiglinge dadurch, daß man sie niemals mutig sein läßt und so weiter. Charakteristika in einem Wort wie Held oder Feigling sind recht gefährlich.
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Beim Schnellsprechen darf man nicht laut, beim Lautsprechen nicht pathetisch werden.
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Wenn der Schauspieler den Zuschauer rühren will, muß er nicht einfach selber gerührt sein. Überhaupt geht es immer auf Kosten der Realistik, wenn der Schauspieler „auf Mitleid spielt“ oder auf Begeisterung und so weiter.
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Die meisten Figuren auf der deutschen Bühne sind nicht aus dem Leben gegriffen, sondern aus dem Theater. Da ist der Theatergreis, der mummelt und tattert, der Theaterjüngling, der Feuer hat oder kindlich strahlt, die Theaterkokotte, die mit verschleierter Stimme spricht und die Hüften wiegt, der Theaterbiedermann, der poltert und so weiter.
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Soziales Gefühl ist für den Schauspieler unbedingt nötig. Er ersetzt jedoch nicht das Wissen um soziale Zustände....