1985 veröffentlicht die britische Band Coil eine Coverversion des Soul-Klassikers „Tainted Love“. Beklemmend, in qualvoller Langsamkeit und Reduktion rezitiert Sänger John Balance den schmuddeligen Text vielmehr, als dass er ihn singt. Kirchenglocken und verzerrte Synthesizer instrumentieren ein klaustrophobisches Requiem. Das zugehörige Musikvideo geht in die Kunstgeschichte ein. Dort tritt Marc Almond als lasziver Todesengel auf, der einen Aidskranken auf seinem einsamen Sterbebett heimsucht. Welch tragische Illustration des Albtraums der Homosexuellen, der nur vier Jahre zuvor undenkbar schien. Denn „Tainted Love“ war, von Almonds Band Soft Cell interpretiert, der Welthit des Jahres 1981 und gleichzeitig die Hymne der absoluten sexuellen Befreiung der schwulen Szene. Lederfetisch, Darkrooms, halböffentliche Orgien – auf einmal schien alles möglich und erlaubt. Als das HI-Virus auftauchte, rief es die Hedonisten wie eine biblische Plage zur Ordnung. Sollte dies die Strafe Gottes für sodomitische Unzucht sein? In diesen Kanon stimmten nicht nur die US-Republikaner im Schulterschluss mit religiösen Fundamentalisten wie „besorgten Eltern“ ein; nein, auch die Schwulen selbst fühlten sich nicht zu Unrecht geplagt. Es folgten Panik, Paranoia, sexuelle Verklemmung. Die fünfziger Jahre waren zurück.
Man könnte heute über diese Thematik so vieles deuten und finden. Auch im transzendentalen Sinne. Allein der medizinische Fortschritt ist in der westlichen...