Barrie Kosky
von Rainer Simon und Barrie Kosky
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
Assoziationen: Regie Musiktheater Ozeanien
Barrie Kosky, 1967 in Melbourne, Australien geboren, ist Sprech- und Musiktheaterregisseur. 1996 war er Künstlerischer Leiter des Adelaide Festivals, von 2001 bis 2005 Co-Direktor des Wiener Schauspielhauses. Seit 2012 ist er Intendant und Chefregisseur an der Komischen Oper Berlin. Für seine Inszenierung von Aus einem Totenhaus an der Staatsoper Hannover erhielt er 2009 den Theaterpreis Der Faust, für seine Inszenierung von Castor und Pollux an der English National Opera 2011 den Laurence Olivier Award.
RS: Welche Fähigkeiten von Opernsolisten erschweren beziehungsweise fördern die Produktion freien Musiktheaters? Welche Kompetenzen für Musiktheater, wie zum Beispiel Ihre Poppea am Schauspielhaus Wien, besitzen sie beziehungsweise besitzen sie nicht?
Barrie Kosky: Wir haben es im deutschsprachigen Opern-, Theater- und Tanzsystem heute oft mit einer „Schubladenpraxis“ zu tun: Ein Sänger singt. Ein Schauspieler spricht. Und ein Tänzer tanzt. Das ist nicht nur für experimentelle Projekte, sondern für jede Art von Theaterproduktion problematisch. Denn egal ob experimentell oder nicht – ein Darsteller auf der Bühne ist nie nur mit seiner Stimme, seinem Körper oder seiner Sprache, sondern immer als Ganzes mit Köper, Stimme und Sprache anwesend und wahrnehmbar. Also muss er all dies auch einsetzen können. Das Instrument, das er spielen können muss, ist sein ganzer...