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Musik: Böse alte Lieder
von Ulrike Rechel
Wenn Daniel Kahn nach Berlin gefragt wird, nennt er die Hauptstadt „Heimat“. Seit acht Jahren lebt der Amerikaner in Berlin, nach Stationen in New York, New Orleans und Detroit, wo er 1978 als Spross einer musikbegeisterten jüdischen Familie zur Welt kam. Aus einem Impuls heraus zog er 2005 nach Berlin, wo ein paar seiner Helden zu Hause waren: Bertolt Brecht, Kurt Weill, Karl Marx. Von allen dreien sind die Songs inspiriert, die Kahn auf bisher vier Alben aufgenommen hat. Seine Adaption des Brecht-Liedes „Denn wovon lebt der Mensch“ etwa zählt zum Repertoire; nicht das einzige Stück aus fremder Feder, das Kahn und seine Band The Painted Bird in ihren musikalischen Kosmos aus Klezmer-Folk, Cabaret-Rock à la Tom Waits und Nick Cave samt dem agitatorischen Feuer eines Polit-Punks übertragen. Immer wieder fördert der studierte Theaterschauspieler und Regisseur zeitlose Schätze aus jiddischen Liedersammlungen zutage, darunter der „Arbetloze Marsh“, eine alte Gewerkschaftshymne, die er als aktuellen Kommentar versteht zu einer wieder aufkeimenden Zweiklassengesellschaft.
Der 34-Jährige hat das Jiddische verinnerlicht – jene tausend Jahre alte Sprache, die er einst durch die Lieder Michael Alperts oder Adrienne Coopers für sich entdeckte. Auch auf seinem jüngsten Album „Bad Old Songs“ begegnet einem Kahns eigenwilliges Mischungsverhältnis aus...