Didier Eribons autobiografischer Essay „Rückkehr nach Reims“ hat vor allem in Deutschland für einige Furore gesorgt. Das Buch hat zweifelsohne einen Nerv getroffen. Angesichts der selbst für sozialdemokratische Verhältnisse völlig auf den Hund gekommenen SPD, der nach 16 Jahren Merkel-Regierung umfassend paralysierten politischen Opposition – wenn man davon unter den Bedingungen einer weitgehenden Entpolitisierung der Politik überhaupt noch reden mag – sowie des dadurch bedingten Aufstiegs der sich erfolgreich als Scheinopposition inszenierenden und gerierenden AfD vermeinte man in dem Buch vor allem die Abkehr linker Politik von ihrer angestammten Klientel, der Arbeiterklasse, zu sehen. Diese war zwar im Zweifelsfall noch nie gut beraten, sich von einer Kaste vom Staat alimentierter Berufspolitiker vertreten zu lassen. Dass sich aus den Erneuerern der Linken – wie Mitterrand, Blair und Schröder – in den letzten Jahrzehnten skrupellose Sozialingenieure entwickelt haben, hat die Lage aber durchaus verschärft.
Was Eribon beschreibt, ist die „Welt der sozialen Gewalt“, der Klassenverhältnisse und des Klassenkampfs, der inzwischen fast ausschließlich von oben geführt wird. Der rundum erneuerten Linken ist zuallererst die Sprache verloren gegangen, mit der solche gesellschaftlichen Antagonismen noch bezeichnet werden konnten – zwischen der verdinglichten Sprache des Parteimarxismus und der inhaltsleeren der neuen sozialen Bewegungen ist der Blick...