Theaterpraxis zwischen Tradition und Zeitgenossenschaft
Die Theaterliteratur des Kinder- und Jugendtheaters in Togo
Assoziationen: Dramatik Kinder- & Jugendtheater Afrika
In der togoischen Literatur nimmt Theaterliteratur keine große Rolle ein. Von der bereits geringen Anzahl der Theaterschriftsteller*innen beschäftigen sich nur wenige mit Kinder- und Jugenddramatik. Das liegt daran begründet, dass kaum Aufrufe oder Residenzprogramme ausgeschrieben oder Aufträge vergeben werden. Ebenso wenig existiert eine Sammlung und Übersicht über die vorhandenen Texte. Für diese Publikation wurden die wichtigsten togoischen Verlage oder solche (vor allem europäische), die togoische Dramatiker*innen vertreten, und Plattformen (z.B. ASSITEJ) gesichtet, und eine Stückeauswahl für die folgende Analyse gewählt.
Die Stücke wurden auf ihre Figuren und spezifischen Motive untersucht. Darunter: Le gain du trépas und Le Cantique du retour von Joël Amah Ajavon, Peau de braiseund Tes émois bleus von Kokouvi Dzifa Galley, Une journée de merde von Léonard Yakanou, Tobbie, frères et sœurs ont la douleur… von Rodrigue Norman und La mère trop tôt von Gustave Akakpo.
Die Hauptfiguren der Stücke sind allesamt Kinder oder Frauen, im Kontrast zu den grundsätzlich mehrheitlich männlichen Protagonisten in der Erwachsenendramatik. In La mère trop tôt und Tobbie, frères et sœurs ont la douleur… begegnen wir jungen starken Frauen. Sie ähneln der Mutter Courage und kümmern sich um ihre Großfamilien. Maamé, in Peau de braise, sucht wie wahnsinnig nach ihrem Vergewaltiger, einem Unbekannten. Die Figur der Esivi in Le Cantique du retour ist auf der Suche nach ihrer verlorenen Identität, versucht, sie und sich neu zu schaffen. Der Junge Halim in Une journée de merde ist bemüht, sein alltägliches Elend auszublenden, indem er sich auf seine Schulbücher stürzt. In Tes émois bleus klammert sich die Jugendliche Sélom an die Gedichte ihres Geliebten Komi und findet durch die Poesie einen Zugang zur gemeinsamen Liebe. Le gain du trépas thematisiert die toxische Wirkung von Lügen auf familiärer und staatlicher Ebene, und zwar anhand der Beziehung von Yan und Nik zu ihrem Vater Marc.
Das Motiv der Zukunft, besonders für Heranwachsende von besonderer Bedeutung, spielt in vielen Stücken eine Rolle. Die Kinder und Frauen finden sich in Situationen zwischen Hoffnungslosigkeit und Zukunftsaspirationen und sind aufgefordert, einen Umgang damit zu finden. Der Tod erscheint in mehreren Stücken vielgesichtig, ob wegen des Todes eines Familienangehörigen, des Schauplatzes Krieg im Stück oder des metaphorischen Todes der Zugehörigkeit und Heimat. Heimat spielt weiterhin auch in dem Thema der Rückkehr eine Rolle. Wiederholt gelingt oder misslingt die Reise von Kindern an den Heimatort oder ins Heimatland Togo. Das Land Togoerscheint nicht nur in seiner Rolle als Heimat, sondern ist als kultureller Referenzrahmen integraler Bestandteil aller Stücke, der togoische Dialekt des Französischen klingt inklusive Fragmente in Lokalsprachen an.
Die togoische Kinder- und Jugendliteratur und -dramatik ist jung und um im internationalen Vergleich zu bestehen, liegt noch ein langer Weg vor ihr. Um diesen gut zu bestreiten, braucht diese Kunstform dringend Unterstützung des Staates. Er ist aufgerufen, Verantwortung zu übernehmen und die Entwicklung von Theaterliteratur vor allem für junges Publikum in Togo voranzutreiben. Davon, wie ab jetzt in diese Literatur investiert wird, hängen die Gewohnheiten und kritisches Denken des Gesellschaftsmitgliedes von heute und morgen ab. Die Autoren, die bereits zur Dramatik für ein junges Publikum beitragen, und existente aktuelle Bemühungen der Verlage in Togo verdienen Unterstützung. Ein besonderer Fokus zur Verbreitung liegt auf den schulischen Lehrplänen und Schulveranstaltungen, die einer Aktualisierung bedürfen: Wenn Kinder mit relevanter Literatur aufwachsen, kann sich das Genre etablieren. Wenn zudem weiterhin öffentlichkeitswirksam Autor*innen, Verlage und Verbände (z.B. Escale des Écritures) ermutigt werden, zum dramatischen Repertoire beizutragen, könnte die togoische Kinder- und Jugenddramatik einer guten Zukunft entgegensehen.