André Studt: Ist „Künstlerische Begleitung“ ein Euphemismus für Regie?
Joachim Fleischer: Ich komme originär nicht von der darstellenden, sondern von der bildenden Kunst. Viele Prozesse der (freien) Figurentheaterbühnen in ihrer künstlerischen Arbeit sind mir sehr geläufig. Oft sind diese Prozesse ja stark bildnerisch geprägt und ausgerichtet, zumal die Mitwirkenden in der Regel nicht nur darstellerisch, sondern auch in Bau und Gestaltung der Figuren, der Objekte, des Bühnenbilds und Sets tätig sind. Darin steckt so etwas wie der Universalgedanke eines Künstlers.
Der Versuch einer Begriffsbestimmung von Regie ist, glaube ich, in diesem Zusammenhang vor allem dem Verfahren und der Praxis der Bühnen selbst geschuldet. Von den Bühnenmitgliedern aus entstehen die ersten Konzeptionen und Ideen für Stücke und Theaterformen. Dadurch ist das künstlerische Konzept erstmal stark geprägt von der jeweiligen Bühne.
Da es dann meist um die Darstellung und Entwicklung der eigenen künstlerischen Sprache einer Bühne, mit der ich arbeite, geht, greifen manche, teils konventionelle Grundannahmen, die mit dem Begriff ‚Regie’ verbunden sind, hier wahrscheinlich nicht mehr. Deshalb gibt es Versuche, diesen Prozess anders zu benennen und abzubilden. Wunschprojektion dabei ist vielleicht, den nicht autoritären Partner mit reflektorischem Blick, Überblick, Außenblick, als Begleitung zu finden, eine Persönlichkeit, die im Sinne der produzierenden...