Be active!“, schreit mich die Performerin an. Ihr weißes Kleid ist bereits ziemlich dreckig, ihre Haare stehen wild vom Kopf ab – einiges liegt bereits hinter ihr oder besser: hinter uns. Jetzt sollen wir Zuschauer, „alle eine Familie“, mit erhobenen Fäusten rhythmisch skandierend eine imaginäre Hexe samt imaginärem Wolf energisch anbrüllen und somit unsere „aktive Haltung“ zum Ausdruck bringen. Nach bereits über einer Stunde andauernder performativer Vergewaltigung durch eine kreischende Schauspielerin („Ich bin eine Künstlerin, ich gehe an die Grenzen!“) ist diese erzwungene Verschmelzung zu einer hooliganähnlichen Chorgemeinschaft zu viel für mich. Wenn ich aktiv sein soll, dann mache ich jetzt einfach nicht mit, dann können wir gern über Haltungen sprechen, denke ich. Aber Dialoge sind nicht erwünscht, und statt mir meine – wie ich glaube emanzipierte – Widerständigkeit zu danken, werde ich in dramatischem Tonfall als leuchtendes Exempel der Schlechtigkeit des passiven Menschen hingestellt. Die etwa 40-jährige Schauspielerin Kasia Pawłowska wirkt ziemlich verärgert.
Wir befinden uns in einem winzigen, stickigen Aufführungsraum der Republika Sztuki Tłusta Langusta (Kunstrepublik der fetten Hummer), einer selbstorganisierten Hinterhofspielstätte und Plattform für freie Theatergruppen in Poznań, und die eher antiemanzipatorische Soloperformance „OUN“, bei der ansonsten tatsächlich alle brav mitmachen, wird noch ein wenig befremdlicher vor...