Als wir 2003, im zweiten Jahr meines Schauspielstudiums, mit Regiestudenten an Texten von Bertolt Brecht, Werner Schwab, Hanoch Levin und Heiner Müller arbeiten, bleibt mir die „Hamletmaschine“ ein Rätsel. Das Instrumentarium, das ich als Schauspielerin benutze, erweist sich als völlig unbrauchbar. Andere Mittel sind nötig, etwas, was ich noch nicht kann. Es geht weder darum, die Figuren psychologisch zu analysieren, noch darum, sie emotional erfahrbar zu machen – es gibt überhaupt keine Figuren –, es geht vielmehr um eine andere Arbeitsweise, die sich einem durch die Form, das Textmaterial und den Rhythmus aufdrängt. Was mich an Heiner Müllers Texten erstaunt, ist ihr Sound, ihre poetische Kraft, die Chiffren, in denen sie verschlüsselt sind. Vieles davon ist mir damals noch unverständlich, die Form macht auf mich einen größeren Eindruck als der Inhalt, doch meine Leidenschaft für Müller, die deutsche Literatur und das deutsche Theater ist geweckt, was für meinen späteren Lebensweg von fundamentaler Bedeutung sein wird. An der „Hamletmaschine“ arbeiten wir über ein Jahr lang, wobei sich das Stück fortlaufend verändert. Wir verbringen endlose Stunden damit, einzelnen Episoden Form zu geben, proben in kleinen Sälen, präsentieren die Ergebnisse unserer Arbeit auf Off-Festivals, spielen jedes Mal in anderen Räumlichkeiten, in Bunkern, Kellern...