Eine andere Moderne II: Commedia dell’Arte
Das Théâtre Italien in Paris
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Commedia dell’Arte-Truppen reisten schon bald ins Ausland, die Form zu einem wesentlichen Bestandteil europäischer Theaterlandschaften machend. Sie beeinflussten wesentlich das deutsche Wandertheater des 17. und 18. Jahrhunderts,180 und mit der Comédie Italienne in Paris und der Variante Théâtre de la Foire, dem Pariser Jahrmarktstheater, wurde die Form für mehrere Jahrzehnte zu dem wohl künstlerisch und soziokulturell bedeutendsten Theater Europas.
Das Théâtre Italien spielte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ständig in Paris, vom König subventioniert und kulturpolitisch abgestützt. Es trat zunächst abwechselnd mit Molières Truppe in einem Theaterhaus auf, bekam später ein eigenes Haus, das Hôtel de Bourgogne. Sein Publikum bestand aus Gruppen des Hofes, des Adels und des Pariser Bürgertums. Ab Beginn der 1680er Jahre schrieben für die Italiener französische Autoren, deren Texte oder auch Szenarien weitgehend französisch gespielt wurden und nur einen begrenzten Raum für die Improvisation ließen. 1697 musste die Truppe Paris auf Weisung Ludwig XIV. verlassen. Erst 1716 siedelte wieder eine Comédie Italienne-Truppe in Paris.
Die alte Truppe stellte ihre ästhetisch-weltanschauliche Ausrichtung selbstbewusst aus. 1796 betonte Colombine, eine der Haupttypen der Italiener, in der Aufführung ARLEQUIN ALS MISANTHROPE, dass man „in unserem Theater“ die Freiheit habe, Züge zu übertreiben...