Ein gemalter Gebirgsprospekt vor der hinteren Bühnenwand zeigt eine kahle, zerklüftete Ebene in Weiß und Grau, am Horizont felsige Berge. Menschenleere. Dystopie? Der Krater des Vulkans, auf dem in diesem Stück angeblich alle tanzen? Nach dem Ascheregen? Wenn, dann ist dieser Vulkan erloschen; denn der Gesellschaft, die sich hier im Haus des Chemikers Protassow und seiner Frau versammelt, droht an diesem Abend in Lübeck keine Gefahr von außen, sondern einzig die, die sie für sich selbst darstellt.
Maxim Gorki hatte „Kinder der Sonne“ nach der niedergeschlagenen Demonstration des sogenannten Blutsonntags 1905 geschrieben. Über 100 000 Menschen waren vor das Winterpalais in St. Petersburg gezogen, den Zaren um Reformen zu bitten. Doch dieser ließ nur das Feuer auf die Massen eröffnen. Dem Elend der Bevölkerung, dem Brodeln in der vorrevolutionären Gesellschaft Russlands gibt Gorki in seinem Stück ein metaphorisches Antlitz: eine Choleraepidemie. Aber er lässt die Oberschicht inklusive Intelligenzija auch den Gestaltungs- und Aufstiegswillen der Unterschicht spüren, die bereits Immobilien kauft und Fabriken plant.
In Lübeck versammelt Regisseur Marco Štorman die kleine Gesellschaft in einem hölzernen, halboffenen Pavillon mit Sauna und vorgelagertem Pool. Da sitzen, liegen, rauchen und planschen sie, passend zum russischen Banja-Klischee, in Badesachen und Pelzmützen mit dem Sexappeal...