„Ich war ganz zufrieden, entwurzelt zu sein, weil ich eben den Einfluss der Wurzel auf mich fürchtete. Ich wollte mich davon befreien. Als ich auf der anderen Seite war, gab es keinerlei Wurzeln, da ich in Europa geboren war. Ich befand mich dort in einem angenehmen Bad, weil ich ruhig schwimmen konnte, während man nicht ruhig schwimmen kann, wenn es zu viele Wurzeln gibt. Verstehen Sie?“ (Marcel Duchamp)
Als Gertrude Stein einst gefragt wurde, ob sie im selbst gewählten Pariser Exil nicht die USA vermisse, antwortete sie: „Wozu hat man Wurzeln, wenn man sie nicht mitnehmen kann?“ Siebzig Jahre später ist die Frage nach kulturellen Wurzeln aktueller denn je. Über 175 Millionen Menschen leben außerhalb ihres Heimatlandes, geschätzte 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht vor Kriegen und Verfolgung. Migration, die Intensivierung der Menschenund Geldströme, berufliches Nomadentum, die Verdichtung der Verkehrsnetze und Massentourismus lassen neue transnationale Kulturen hervortreten, die zu Veränderungen und zu Verflechtungen von Identitäten, Ethnien und Nationalitäten führen. Vor welche kulturellen Herausforderungen stellt uns „Multikulturalismus“ als längst nicht mehr neues, aber sich stetig veränderndes Phänomen? Wie können wir jenseits des Gedankens, ein Mensch sei primär Träger seiner Herkunft, über transnationale Gesellschaften nachdenken? Wie ist es inmitten dieser...