Herr Nonoa, Herr Dembele, vor zehn Jahren starb Christoph Schlingensief. Sein letztes großes Projekt war das Operndorf Afrika in Burkina Faso. Als der Grundstein gelegt wurde, schrieb ein deutscher Theaterregisseur, er freue sich sehr über das Projekt, weil es in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou eine Brecht-Tradition gebe. Diese Aussage sollte sicherlich ehrliche Freude ausdrücken, dennoch schwingt darin auch ein Hauch Postkolonialismus mit. Was war Ihr erster Eindruck vom Operndorf?
Koku G. Nonoa: Ich hörte 2009 zum ersten Mal von Christoph Schlingensief, als er noch auf der Suche nach einem Ort für sein Operndorf war. Zu der Zeit interessierte er mich nicht besonders. Aus einer kritischen Perspektive heraus gesehen war er wie alle anderen Europäer, die als Retter Afrikas auftreten – wie in Zeiten der kolonialen „Zivilisationsmission“. Er schien wie jemand, der nach Afrika kommt, um etwas zu bauen, was wir bereits haben – Dörfer! Jemand, der nach dem Copy-and-paste-Verfahren in den verschiedensten afrikanischen Ländern die gleichen Projekte initiiert, ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Menschen.
Ein paar Jahre später jedoch, 2013, stieß ich im Rahmen meiner Recherchen für meine Doktorarbeit auf Schlingensiefs Wiener Aktion „Ausländer raus“ aus dem Jahr 2000. Diese gegenkulturelle Performance, in der er mit Flüchtlingen...