Künstlerporträts
Der unbenennbare Nebeský
Die schockierende Bildhaftigkeit des Regisseurs Jan Nebeský
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Tschechien (09/2018)
Im tschechischen Theater gibt es nur wenige Regisseure, deren Schaffen sich dermaßen jeglicher Verallgemeinerung widersetzt, wie seit mehreren Jahrzehnten das von Jan Nebeský. Als Regisseur ist er Eklektiker, Postmodernist, seine unbändigen Inszenierungen provozieren oft das Publikum der großen Prager Theater. Majestätische Shakespeare’sche Gestalten entkleidet er bis auf die Badehosen, Ibsen’sche Heldinnen lässt er auf dem Proszenium Beef Tatar mit bloßen Händen essen – aber hier und da stellt er auch eine gemäßigte, beinahe schon realistische Inszenierung auf die Bühne.
An experimentellen Spielorten gestaltet er große Kabarettreihen mit exzentrischen Kostümen – aber von Zeit zu Zeit entwickelt er auch einen ganz normalen literarisch- musikalischen Abend. Und über all dem steht eine gewisse, nur geahnte, unprätentiöse geistige Wirkmacht.
Jan Nebeský, Jahrgang 1953, hat an der Theaterfakultät der Prager Kunstakademie (DAMU) Schauspielregie studiert und betrat die tschechische Theaterszene Anfang der 1980er Jahre. Schon seine Abschlussarbeit „Die Schlucht“ (Strž) überraschte 1981 mit Elementen einer postmodernen inszenatorischen Herangehensweise zu einer Zeit, als man im tschechischen Theater lediglich ahnte, was Postmoderne bedeutet. Nach einem kurzen Engagement in Hradec Králové (Königgrätz) wurde er 1985 Regisseur am Prager S.-K.-Neumann-Theater, dem heutigen Divadlo pod Palmovkou (Palmovka- Theater), wo er mit Ibsens „Gespenster“ jene berühmte Inszenierung herausbrachte, die am Anfang...