Theater an der außereuropäischen Peripherie
Concert Partys und Yoruba Wandertheater
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Spannender verlief der kulturelle „Verzahnungsprozess“ in den Concert Partys und dem Yoruba Wandertheater, den modernen populären westafrikanischen Formen, die, seit den 1920er Jahren überwiegend von Grundschulgebildeten gemacht, teilweise für alle sozialen Schichten spielten. Die sich um die Mitte der 1920er Jahre bildende Concert-Party-Bewegung in Ghana erscheint an der Oberfläche gesehen als Produkt unterwürfiger Nachahmung von kulturellen Bruchstücken der Kolonialmacht (bzw. -mächte). Sie begann mit englischsprachigen Aufführungen des ghanaischen Lehrers „Master“ Yalley für die ghanaische Elite. Modell war das britische Concert mit Musiknummern, Rezitationen, Tänzen und mimischen Sketchen.141
Yalley übernahm auch Komponenten des westlichen Unterhaltungs- und Freizeitgeschäfts wie den Stepptanz, die modischen Tänze Foxtrott und Ragtime und Motive und Figuren amerikanischer Minstrel-Darstellungen, in denen Weiße als Schwarze geschminkt auftraten. Tanzende und singende Clown-Figuren, ursprünglich kostümiert wie amerikanische Entertainer und nach Minstrel-Muster geschminkt, wurden Hauptkennzeichen. Der erste große Darsteller war Ishmael Johnson, der wohl bedeutendste Concert-Party-Macher in den 1930er und 1940er Jahren. Er fügte Yalleys Concerts Momente der Cantatas zu, der moralischen musikalischen Aufführungen, die um die Jahrhundertwende in Westafrika entstanden waren und den Einfluss des Christentums vertiefen sollten. Zugleich war Johnson fasziniert vom Slapstick-Stummfilm, besonders von Charlie Chaplin, dessen Gang er imitierte. 1930 hatte er seine erste professionelle Truppe gegründet,...