Den Klang der Welt nachahmen – mit Sprache spielen
von Viola Schmidt
Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)
Wie wir gesehen haben, entwickelt sich die Fähigkeit, Sprache wahrzunehmen und prosodische Merkmale von Sprache zu unterscheiden, bereits vorgeburtlich. Zusammen mit den sich im vorsprachlichen Stadium der ersten Lebensmonate entwickelnden anderen basalen Kompetenzen entsteht sehr schnell ein Spektrum an Äußerungsmöglichkeiten, die noch nicht von Konventionen bestimmt werden. Aneignungsprozesse sind von Neugier und Spieltrieb bestimmt. Auch wenn wir uns an diese frühe Lebensphase nicht erinnern können, ist es möglich, spielerisch an basale sensomotorische Fähigkeiten anzudocken. Lautmalerei erinnert am ehesten an unser vorsprachliches Artikulationsvermögen. Kleinkinder, die bestimmte Phoneme ihrer Muttersprache noch nicht korrekt bilden können, sind in der Lage, diese Laute zu bilden, wenn sie Geräusche aus ihrer Umgebung nachahmen. Onomatopoesie ist die lautliche Nachahmung von Schallereignissen. Der Klang der Stimme versucht, den Klang der Welt zu imitieren. Und so raschelt’s und huscht’s, krächzt’s und kräht’s, poltert’s, plumpst’s, zwitschert’s und rutscht’s in unserer Sprache an allen Ecken und Enden. Interjektionen wie autsch, hui, hach, ba, hu, ha, iii, hm usw. sind unmittelbarer Ausdruck unserer intentionalen Emotionalität. Lautmalerei ist an die phonologischen Muster der einzelnen Sprachen gebunden. Die Hühner gackern in jeder Sprache etwas anders: cackle, caquet, gēgē shēng, cacareo, schiamozzo … Ein sehr schönes Beispiel für Lautmalerei liefert der amerikanisch-kanadische Experimentalpsychologe, Kognitionswissenschaftler...